Die richtige Preisstrategie oder Was sollte ein Produkt eigentlich kosten?

Die Idee steht, die bürokratischen Hürden sind überwunden und das eigene Unternehmen ist gegründet – jetzt geht es ans Verkaufen. Doch was wird den Kunden eigentlich genau angeboten? Das Produkt natürlich, aber wie sieht es mit dem Preis aus? Was zunächst nach einer leichten Entscheidung klingt, kann schnell zu Kopfzerbrechen und Zahlenchaos führen. Viele Startups tun sich gerade am Anfang schwer damit, ein Preisetikett an ihre Arbeit zu hängen.

Das Ziel ist Profitabilität

Jedes Startup möchte früher oder später Gewinne erzielen um sich so möglichst ohne Fremdfinanzierung am Markt halten zu können. Doch der Weg dahin ist oft holprig. Nicht selten dauert es Jahre, bis ein neues Unternehmen Profitabilität erreicht. Das Timing dafür ist immer von individuellen Faktoren abhängig. Es muss berücksichtigt werden, ab wann ein Startup “auf eigenen Beinen stehen” muss. Besteht ein Finanzierungsmodell mit Investoren, haben auch diese unter Umständen eine Meinung dazu. Ist ein Startup vollständig eigenfinanziert, muss von Anfang an kalkuliert werden, ab wann die Reserven erschöpft sind und Gewinne erzielt werden müssen.

Es kann zwar immer vorkommen, dass Gründer eine Durststrecke unter Umständen auch mit privaten Rücklagen überbrücken müssen. Das sollte aber immer eine temporäre Lösung mit einem Ende in Sicht sein.

Realistische Preise als Weg zum Erfolg

Der Preis eines Produkts bestimmt, wie viel Umsatz es generiert. Bei der Festlegung des Preises müssen neben dem Ziel Umsatz und Gewinn zu generieren, eine Vielzahl verschiedener Faktoren berücksichtigt werden. Es gilt immer: Der beste Preis ist nur so gut wie die Bereitschaft des Kunden, ihn zu bezahlen.

Nicht alle Preisstrategien funktionieren für alle Branchen oder Produkte. Jedes Unternehmen muss hier für sich individuell entscheiden.

Eine Möglichkeit ist es etwas, seine Preise dynamisch am Wettbewerb auszurichten. Gerade neu gegründete Unternehmen sollten dabei jedoch immer immer bis ins Detail kalkulieren, ob sie damit auch langfristig kostendeckend arbeiten können.

Auch der günstigste oder teuerste Anbieter eines Produktes zu sein, ist eine mögliche Strategie. Beides sollte gut durchdacht und Risiken abgewogen werden: Besonders niedrige Preise veranlassen Mitbewerber häufig zum Nachziehen, während bei besonders hohen Preisen der Unique Selling Point des Produkts den Kunden wirklich überzeugen muss.

Nicht selten entscheiden sich Startups dazu, ihre Preise über die Zeit hinweg zu verändern. Eine Möglichkeit ist hier, zunächst mit einem niedrigen Einstiegspreis die Position am Markt zu stärken, und die Preise später zur erhöhen. Vor allem im Technik- und Softwarebereich ist es hingegen nicht unüblich, ein neues Produkt mit einem sehr hohen Preis in den Markt einzuführen und diesen mit der Zeit immer weiter zu senken.

MIt Kreativität zum richtigen Preis

Im ersten Schritt müssen die tatsächlichen Kosten für ein Produkt bestimmt werden. Steht diese Kalkulation, lohnt sich ein Blick nach rechts und links: Was kosten ähnliche Produkte? Was sind Kunden bereit, dafür zu bezahlen? Und wie sieht es allgemein mit der Konkurrenzsituation aus?

Gibt es direkte Mitbewerber, sollten die Gründe für die eigenen Preise im Gesamtbild genauer erläutert werden. Besonders günstige Preise können etwa durch die Zusammenarbeit mit erfahrenen und etablierten Partnern erklärt werden. Bei signifikant höheren Preisen sollten Besonderheiten des eigenen Produkts hervorgehoben geben.

Werden mehrere Produkte angeboten, sollten unterschiedliche Artikel in jedem Fall unterschiedliche Preise haben, wie das Ergebnis einer US-amerikanischen Studie zeigt. Hohe Preise sollten zudem immer in Relation zu einem noch höheren Preis gezeigt werden.

Wenn mit einem günstigen Einstiegspreis gestartet wird, sollte dieser auch als solcher gekennzeichnet werden.

Wurde eine Preisstrategie festgelegt, sollte diese auch verfolgt werden. Häufige Sprünge in verschiedene Richtungen wirken unseriös und führen dazu, dass Kunden sich langfristig abwenden. Wenn eine Bepreisung trotz allem gar nicht funktionieren, sollte eine neue Strategie gefunden und verfolgt werden, anstatt zu sehr zu experimentieren.

Manchmal geht es auch ganz anders

Einen besonderen Weg der Preisgestaltung hat das finnische Startup Zervant gewählt. Das 2010 gegründete Unternehmen startete zunächst mit einem Freemium-Modell für seine Rechnungssoftware, die zum damaligen Zeitpunkt auch noch Buchhaltungsfunktionen und ein Timetracking-Tool beinhaltete. Einige Basisfunktionen waren kostenlos, für das umfangreichere Produktpaket mussten die Nutzer zahlen. Von Anfang an war das Ziel von Zervant, Unternehmern zum Erfolg zu helfen. Es sollte genau so einfach sein, für sich selbst zu arbeiten wie für jemand anderen. Im März 2017 entschieden die Gründer Mattias Hanson und Tuukka Koskinen, sich fortan für den deutschen Markt auf das Kernprodukt zu konzentrieren: Die Rechnungsstellung. In diesem Zuge fiel auch die Entscheidung, auf ein vollständig kostenloses Modell umzusteigen. Dieser Schritt war nicht zuletzt getrieben von Zervants Mission, Unternehmern und Gründern die Selbständigkeit so einfach wie möglich zu machen.

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Häufig kommt seitdem die Frage auf, wie Zervant denn eigentlich Geld verdient. Hier gibt sich das Unternehmen für seine Kunden transparent: Zervant wird von mehreren privaten Investoren und Venture Capital unterstützt, die voll und ganz hinter der Entscheidung stehen. Zudem plant Zervant in Zukunft mehrere sogenannte Premiumfunktionen wie etwa eine Rechnungsvorfinanzierung oder den Versand von Rechnungen per Post. Diese werden dann wieder kostenpflichtig sein, die Basisfunktion bleibt aber weiterhin kostenlos. Somit wird also auch langfristig die Profitabilität des Unternehmens gesichert sein.

Egal, welche Preisstrategie ein Startup wählt, es sollte immer gut durchdacht sein und passen. Der Kunde steht auch hier im Mittelpunkt: Er muss bereit sein, den Preis zu zahlen und so zum langfristigen Erfolg des Unternehmens beitragen.

Über die Autorin: 

Nadja Siebenbürger arbeitet als Growth Marketer für das finnische Startup Zervant. Das Unternehmen verfolgt die Vision, Selbständigkeit so einfach wie möglich zu gestalten und unterstützt Freelancer und Kleinunternehmer dabei mit einem kostenlosen und intuitiven Rechnungsprogramm.

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