Fehler sind eine gute Investition

Spreadshirt kann auf 15 Jahre Erfahrung im E-Commerce-Business zurückblicken. 15 Jahre Erfolg, aber auch 15 Jahre Fehler. Mein Angebot als erfahrener CEO: Lernt aus unseren Fehlern und macht dann eigene, aber bitte andere!

Das Internet ist voll von guten und sinnvollen Ratschlägen, wie man erfolgreich ein Startup gründet. Vom Businessplan über die Investorensuche bis hin zur Vermarktung gibt es Anleitungen und Best-Practice-Beispiele noch und nöcher. Es ist, als gäbe es das erfolgreiche Startup als Setzkasten im Internet: Man hake die Schritte eins bis zehn ab, gebe eine Prise vom berühmten Gründergeist hinzu und fertig ist das Startup. Und dann?

Wie geht es eigentlich weiter, wenn die Medien die spannende Gründungsgeschichte durcherzählt haben, das Team unübersichtlicher und die Wachstumskurve realistischer wird und der erste Gründerelan verloren geht? Und was ist mit den falschen Entscheidungen, die man unweigerlich trifft? Was ist mit den Misserfolgen, die finanziell weh tun und die Motivation zu rauben drohen?

Ich nenne dieses Erwachsenwerden gern die Business-Pubertät. Die kindliche Unschuld des Startups geht langsam verloren und auch Investoren, Kunden und andere Stakeholder schauen strenger hin. Fehlgriffe sind nicht mehr niedlich und verständlich, sondern richtig schmerzhaft. Jetzt heißt es durchhalten, hinterfragen und immer wieder lernen.

Spreadshirt ist letztes Jahr 15 Jahre alt geworden und hat die magische Grenze von 100 Millionen Euro Umsatz geknackt. Der Weg vom studentischen T-Shirt-Startup zum internationalen E-Commerce-Player mit über 750 Mitarbeitern auf zwei Kontinenten war nicht immer mit Erfolgen gepflastert. Wir wachsen seit Jahren gesund und sind profitabel – eine Ausnahme in unserem Sektor. Darauf sind wir sehr stolz. Nicht mit Stolz, aber doch selbstbewusst schauen wir auch auf die Fehler zurück, die wir gemacht haben. Das halbe Vermögen an Lehrgeld muss sich schließlich auch auszahlen!

Das Spreadshirt HQ in Leipzig (Bild: Spreadshirt)

Das Spreadshirt HQ in Leipzig (Bild: Spreadshirt)

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Schaffe klare Strukturen

Am Anfang können Gründer oder Manager über alles den Überblick behalten. Die Teams sind klein, jeder kennt jeden, der Abstimmungsaufwand ist gering, Veränderungsprozesse sind schnell abgehakt. Ab einer gewissen Unternehmensgröße ist das nicht mehr möglich und jetzt müssen klare Strukturen und Verantwortlichkeiten her. Bei Spreadshirt hatten wir mit hochkomplexen Projekten zu kämpfen, die zum Beispiel unsere Plattformstruktur oder die IT-Architektur grundlegend verändert haben und die entscheidend für die Zukunft des Unternehmens waren. Wirklich jeder hatte Berührungspunkte und eine Meinung. Stillstand, Zankereien und endlose Entscheidungsprozesse waren das Ergebnis.

Inzwischen gibt eine RACI-Matrix bei jedem Projekt Einblick in die Zuständigkeiten und es kann jeweils nur eine Person geben, die „A“ wie accountable ist. In einem OKR-System (Objectives and Key Results) definiert jedes Team quartalsweise Ziele, die unternehmensweit für alle einsehbar sind und wertvolle Synergieeffekte zwischen den Abteilungen offenbaren.

Das klingt nach zu viel Hierarchie und Bürokratie? Nicht, wenn man bewusst gegensteuert. Seit sechs Jahren sorgt bei Spreadshirt eine Feel-Good-Managerin dafür, dass die guten Seiten des Startup-Gefühls nicht verloren gehen. Sie organisiert unter anderem den C-Level-Lunch, bei dem alle Mitarbeiter die Chance haben, in lockerer Atmosphäre mit dem Vorstand ins Gespräch zu kommen.

Fokus auf Profitabilität

So viele Ideen, so viele Möglichkeiten! Der Markt ist voller Chancen und um die Ecke wartet schon der nächste Trend. Viele Startups lassen sich verführen und verzetteln sich. Wir haben zum Beispiel viel Energie in individuelle Lösungen für Partner investiert, um ihnen den perfekten Shop oder die passgenaue Merchandising-Kampagne zu schneidern. Das hat viel Zeit und Geld gekostet, aber nicht zu nachhaltigem Wachstum geführt. Heute fokussieren wir uns auf die drei Geschäftsbereiche, die am profitabelsten sind: Selbstgestalten, Marktplätze und den Spreadshop, ein Self-Service-Shopsystem.

Gefragt ist ein kritischer Blick auf den Markt und die eigenen Ressourcen. Erst wenn stabiles und gesundes Wachstum vorhanden ist, bleibt Zeit für kostspielige Experimente. Nur ein profitables Unternehmen kann Risiken eingehen und sich Fehlschläge leisten.

Vertraue und lass los

Wachstum bringt ganz neue Führungsaufgaben mit sich. Anfangs sind Gründer und Manager stark in das Alltagsgeschäft involviert, doch ab einer gewissen Größe und Internationalität geht das nicht mehr. Permanente Kontrolle und Mikromanagement ersticken Innovation und Motivation im Keim. Ich musste mich als CEO neu erfinden. Es ist anfangs nicht leicht loszulassen und Vertrauen zu lernen.

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Heute ist meine Botschaft an alle neuen Mitarbeiter, die ich in einem speziellen Onboarding zum Thema Unternehmenskultur persönlich vermittle: Übernehmt Verantwortung, aber fragt auch nach Hilfe, wenn ihr sie benötigt. Macht Fehler, aber bitte nie denselben Fehler zwei Mal!

Vernachlässige die Altlasten nicht

Alles läuft gut, das Unternehmen wächst und alle Augen richten sich nach vorn. Das muss nicht immer eine gute Idee sein, wie wir an unseren IT-Grundlagen lernen mussten. Jahrelang waren Zukunftsprojekte wichtiger als eine Investition von Zeit und Geld in die inzwischen in die Jahre gekommenen Plattformstruktur. Es tat weh, das zu erkennen und wir kommen erst langsam an das Ende eines jahrelangen Prozesses, der unsere IT-Altlasten beseitigt und uns zukunftssicher macht. Dann werden wir zum Beispiel in der Lage sein, weiter zu expandieren und neue Geschäftsfelder oder Länder reibungslos in unsere Strukturen zu integrieren. Und wenn wir damit fertig sind? Dann fällt uns bestimmt der nächste Fehler auf, aus dem wir definitiv lernen werden.

Über den Autor:

Philip Rooke kam 2009 zu Spreadshirt. Seine langjährige Erfahrung und zahlreiche Erfolge in schnell wachsenden Branchen brachte Phil bei Spreadshirt zunächst als Leiter der Abteilungen Sales und Marketing ein. Seit 2011 verfolgt Philip als Geschäftsführer ein klar definiertes Ziel: Spreadshirt vom Startup zu einem hochprofitablen Unternehmen zu wandeln.

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