Wieso Coworking in jeder Unternehmensphase Vorteile bringt

Das Phänomen Coworking hat in den vergangenen Jahren eine rasante Entwicklung genommen und ist mittlerweile in dem angekommen, was man als „die Mitte der Geschäftswelt“ bezeichnen könnte. Durch das starke Wachstum der Branche, aber auch die mediale Aufmerksamkeit, die damit einherging, ist das Konzept heute weit mehr nur ein Buzzword. Es ist selbstverständlicher Teil des Arbeitsalltags für Millionen von Menschen.

Die grundlegende Idee, die sich hinter dem Begriff Coworking verbirgt, hat sich über die Jahre kaum gewandelt: Es geht um Plattformen, die es den Menschen ermöglichen, beieinander, miteinander produktiv zu sein, sich unkompliziert zu vernetzen und so unmittelbaren Mehrwert für alle Beteiligten zu schaffen. In der Regel ist diese Plattform ein greifbarer, offener Arbeitsraum, der Coworking Space. Sie umfasst aber ebenso das Netzwerk, das die Coworker untereinander knüpfen.

Im Zuge der Entwicklung, in der es nach und nach aus seiner Nische herausgefunden hat, wird das Konzept Coworking weit gedehnt: So wie die althergebrachte Bürogemeinschaft von nebenan sich das Schlagwort Coworking auf die Fahnen schreibt, macht es mittlerweile auch der Immobilienentwickler oder die internationale Business Center-Kette.

Freiberufler und Gründer machen den Anfang

Die ersten Gruppen, die Coworking Spaces für sich entdeckt haben, waren vor allem Freiberufler und Gründer. Beide Gruppen eint nicht nur der Bedarf an einem attraktiven Arbeitsumfeld, in dem sie sich mit voller Konzentration dem Auf- und Ausbau ihrer Projekte widmen können. Der heimische Schreibtisch, das Café oder die Bibliothek mögen eine Zeit lang gut – und vor allem sehr preisgünstig – zu passen. Viele Startups und Freelancer zieht es dann aber schnell an Orte, die ihnen persönlich und beruflich mehr bieten können. In Coworking Spaces lässt sich der professionelle Fokus auf die Arbeit mit einer sehr greifbaren Form von Gemeinschaft verbinden.

Bild: Office Club GmbH

Bild: Office Club GmbH

Das gute Preis-Leistungs-Verhältnis beim Coworking kommt unterm Strich nicht nur durch geringe Fixkosten und ein hohes Maß an vertraglicher Flexibilität zustande. Gerade für Selbstständige und Startups liegt im Wissensaustausch, im Kontakt zu Gleichgesinnten und der Möglichkeit, die eigenen Ideen in einem inspirierenden Umfeld zu verwirklichen, der entscheidende Vorteil. Mag der Coworking Space für einige zunächst eine Notlösung, die „günstige Alternative zum eigenen Büro“ gewesen sein, ist er ebenso schnell zu einem tatsächlichen Wettbewerbsvorteil geworden. Investoren haben diesen Umstand früh erkannt. Startup-Teams werden mitunter sehr gezielt in Coworking Spaces untergebracht, um ihnen den Nährboden zu geben, den sie für ihr Wachstum und damit für den letztendlichen Erfolg der Investition benötigen.

Entsprechend ist Coworking für Gründer und Freiberufler auch heute noch die erste Wahl. In den Medien wird das Bild vom Coworking Space als natürlichem Lebensraum des Jungunternehmens entsprechend fleißig gepflegt – und das ist, wie hier angeschnitten – auch durchaus verständlich. In den vergangen Jahren haben aber auch immer mehr etablierte Unternehmen, vom mittelständischen Traditionsbetrieb bis zum DAX-Konzern, das Konzept für sich entdeckt. Und das aus guten Gründen.

Coworking ist in den Unternehmen angekommen

Anfangs eher belächelt, galten Coworking Spaces für vielen Unternehmen lange eher als günstige Ausweichmöglichkeit für Mitarbeiter und Teams, für die in der nächstgelegenen Niederlassung (noch) kein Platz vorhanden war. Für Angestellte, die, zum Beispiel aus persönlichen Gründen, an einen bestimmten Kiez gebunden waren, wurden mitunter Ausnahmen gemacht. Über diesen Weg, die extern arbeitenden Mitarbeiter, kommen auch heute noch viele Unternehmen zum ersten mal mit Coworking in Kontakt. Manchmal ist dieser Kontakt nur kurzfristig. In vielen Fällen etabliert sich aber auch eine mittel- bis langfristige Zusammenarbeit.

Nicht zuletzt durch den zunehmenden Fachkräftemangel in vielen Branchen müssen sich Firmen darauf einstellen, Bewerbern mehr zu bieten als ein attraktives Fixgehalt. Die Anforderung, sowohl ein attraktives Arbeitsumfeld als auch das bequeme Vereinbaren von beruflichem und privatem Leben gewährleisten zu können, ist schon heute von großer Bedeutung. Diesem Wandel können Unternehmen mittlerweile deutlich besser und für alle Seiten zufriedenstellender begegnen als noch vor einigen Jahren. Treiber sind hier zum Einen der technologische Fortschritt, zum Anderen aber eben auch das wachsende Angebot an flexibel nutzbaren, externen Arbeitsräumlichkeiten.

Selbstverständlich muss nicht nur sichergestellt sein, dass die eigenen Angestellten und Teams im Coworking Space mindestens so produktiv (miteinander) arbeiten können wie im Firmenbüro. Jedes größere Unternehmen hat eigene Standards, zum Beispiel hinsichtlich der Arbeits- und Datensicherheit, die ohne Abstriche erfüllt werden müssen. Ist dies der Fall, gibt es in der Regel wenige Argumente für den Arbeitgeber, seinen Angestellten die Nutzung eines Coworking Spaces zu verweigern. Für viele Angestellte ist die Nähe zur eigenen Wohnung, zu Schulen, zu Kitas usw. keine Frage der Bequemlichkeit, sondern ein wichtiger Einfluss auf die Work-Life-Balance. Für den Arbeitgeber selbst sollte der Fokus primär auf dem Wissenstransfer im Coworking Space liegen, dem unkomplizierten Austausch und dementsprechend einfachen Aufbau eines wertvolles Netzwerks über die Unternehmensgrenzen hinaus. Viele Unternehmen nutzen Coworking Spaces aber auch auch ganz bewusst als Recruiting-Instrument: Sie zeigen vor Ort Gesicht und präsentieren sich potenziellen Kandidaten als nahbarer Arbeitgeber, der innovativen Arbeitsmodellen offen gegenüber steht.

Bild: Office Club GmbH

Bild: Office Club GmbH

Nebenbei lässt sich beobachten, dass Firmenbüros mittlerweile immer häufiger selbst wie Coworking Spaces gestaltet werden. Besonders wenn es um den Aufbau und die Anbindung neuer Geschäftsbereiche geht, wird viel investiert, um eine zeitgemäße, kommunikative Art zu Arbeiten direkt innerhalb der Firma zu etablieren. Team- und abteilungsübergreifender Zusammenarbeit soll ein passender Rahmen gegeben und externe Personen und Teams auf diesem Wege flexibler angesiedelt und integriert werden. Auch in dieser Hinsicht werden Coworking-Ansätze in einigen Unternehmen bereits voll ausgelebt. Ob eine solche, eher interne Abbildung der Idee in Punkto Heterogenität und Mehrwert für die Beteiligten mit einem „richtigen“ Coworking Space vergleichbar ist, sei hier dahingestellt.

Von der Übergangslösung zur sinnvollen Strategie

Fakt ist, dass der Coworking Space für die meisten Nutzer weit mehr geworden ist als die erstbeste Alternative. Das Angebot hat sich in den letzten Jahren nicht nur in der Breite entwickelt, sondern vor allem auch professionalisiert. Eine sehr abwechslungsreiche, für unterschiedliche Arbeitssituationen passende Gestaltung mag auf den ersten Blick mitunter verspielt wirken. Sie erfüllt aber den konkreten Zweck, den Alltag der Nutzer aufzuwerten und für dringend benötigte Inspiration zu sorgen. Auch Café-Bereiche sind beliebte Nebenschauplätze, die durch angenehme Pausen und Erholung, das konzentrierte Arbeiten fördern sollen. Neben den grundlegenden Büro- und Großraumflächen, werden vielerorts auch hochwertige Konferenz- und Veranstaltungsleistungen angeboten. In speziellen Workshops wird Mitgliedern gezielt auf ihre Bedürfnisse abgestimmtes Know-How vermittelt.

War der Sprung ins „eigene Büro“ für viele Gründer vor nicht allzu langer Zeit stets das nächste große Ziel, der wichtige Zwischenschritt für das eigene Selbstverständnis, findet mittlerweile ein Umdenken stand. Gerade die Wurzeln, die ihre Projekte beim Coworking haben wachsen lassen, lassen sich mitunter schwer umsetzen und die vielen Vorteile eines dynamischen Coworking Spaces reproduzieren. Spaces, die nicht nur über ausreichend Raum verfügen, sondern auch das Konzept verfolgen, Unternehmen auf ihrem Weg zu begleiten, können den perfekten Hintergrund für ihre Erfolgsgeschichte bilden. Über die Gründungsphase hinaus wächst das Umfeld mit, gibt wichtige Impulse im Wachstum und hilft, das Unternehmen nachhaltig reifen zu lassen. Auch etablierte Unternehmen, die diese aufreibende Startphase mitunter schon seit Jahrzehnten hinter sich haben, profitieren von externen Einflüssen, dem Austausch und der Reibung, die das Coworking als moderne Form des Arbeitens bietet.

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Auch grundlegende Entwicklungen, wie eine zunehmende Dezentralisierung der Arbeit, ein mehr und mehr an Projektarbeit und die Bedeutung firmenübergreifender Zusammenarbeit spielen hier eine große Rolle. Flexibilität wird wichtiger, ebenso die kurzfristige Verfügbarkeit von Personal und Arbeitsmitteln. Unternehmen müssen beweglich bleiben – egal ob Startup, Mittelständler oder Großkonzern. Weniger auf firmeninterne Lösungen zu setzen und auch innovative Büro- und Arbeitskonzepte ins Auge zu fassen, sollte nicht als Schwäche gewertet werden. Der Schritt kann sich im Rahmen einer bewussten Strategie schnell zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil entwickeln.

Coworking ist eine offene, vielschichtige Idee und steht sinnbildlich für eine immer dynamischer werdende Arbeitswelt. Die Branche befindet sich dabei selbst in einer ungemein dynamischen, spannenden Entwicklungsphase. Trotz ihres noch vergleichsweise jungen Alters ist sie aber längst angekommen und befindet sich – genau wie viele ihrer Nutzer – irgendwo zwischen Wachstum und Reife.

Über den Autor: 

Ben Roth ist Marketing Manager beim Office Club, einem der ersten Coworking Spaces in Berlin.

 

 

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