casenio

Smart-Home-Technologien helfen nicht nur dabei, Energie zu sparen, Blumen zu bewässern oder Einbrecher fernzuhalten. Sie können auch alleinlebenden, älteren Menschen und ihren Unterstützern das Leben erleichtern und sicherer machen. Casenio aus Berlin hat beispielsweise ein System entwickelt, das an bekannte Nutzungsszenarien anknüpft und sie durch hilfreiche Funktionen erweitert.

Tim Lange, Gründer des Berliner Startups beantwortet unsere Fragen.

Könnt ihr euch, für die Menschen, die euch noch nicht kennen, vorstellen?

Die casenio AG entwickelt und vertreibt das gleichnamige Hilfe- und Komfortsystem für Senioren und Menschen mit Betreuungsbedarf. Casenio warnt vor Gefahren im Haushalt und kann bei Bedarf selbstständig Angehörige, Nachbarn oder einen Pflegedienst informieren. Die Initialzündung für die Produktidee lieferte die Schilderung eines meiner Kollegen: Seine Oma war zuhause gestürzt und lag viele Stunden hilflos in der Wohnung, denn niemand hatte von dem Sturz etwas mitbekommen. Ihren Notruf-Knopf hatte sie gerade nicht dabei. Wir beschlossen, ein System zu entwickeln, das in genau solchen Situationen selbstständig erkennt, dass etwas nicht stimmt.

Tim Lange, Vorstand der casenio AG, Berlin

Tim Lange, Vorstand der casenio AG, Berlin

Was genau ist bzw. macht Casenio?

Casenio arbeitet mit verschiedenen Sensoren und lässt sich an die individuellen Bedürfnisse des Nutzers anpassen. Die Sensoren übertragen sämtliche Informationen per Funk an eine Hauszentrale und von dort verschlüsselt an ein Rechenzentrum, wo sie mit den zuvor hinterlegten Daten zu den Gewohnheiten des Bewohners abgeglichen werden. Auf diese Weise können mögliche Gefahrensituationen schnell erkannt und ein Alarm ausgelöst werden – zum Beispiel, wenn der Herd beim Verlassen des Hauses oder beim Ins-Bett-gehen noch an ist. Der Bewohner kann dann durch das Berühren des Displays der Hauszentrale signalisieren, dass alles in Ordnung ist beziehungsweise er selbst in der Lage ist, das Problem zu lösen. Passiert dies nicht, kann casenio den Herd eigenständig abschalten. In anderen Situationen kann casenio zuvor festgelegte Kontaktpersonen informieren – beispielsweise wenn ungewöhnlich lange keine Aktivität in der Wohnung festgestellt wurde oder das System erkennt, dass Wasser im Bad überläuft, der Bewohner selbst aber auf die Warnung der Hauszentrale nicht reagiert. Casenio lässt sich kabellos und ohne bauliche Veränderungen montieren, Internet- und Telefonanschluss sind ebenfalls nicht notwendig, es reicht eine Steckdose.

Was war eure Motivation zu gründen?

Viele Unglücke passieren daheim im Haushalt. Doch was ist, wenn in diesem Moment niemand da ist, um Hilfe zu leisten – so wie es unser Kollege 2012 mit seiner Oma erlebt hat? Wir – eine Gruppe von Kollegen, die beim IT-Systemhaus „Die Netz-Werker AG“ in Berlin arbeiteten, der heutigen Muttergesellschaft der casenio AG – fragten uns: Was muss ein System können, das in solchen Situationen helfen kann? Es sollte ein System sein, das beiden Seiten gerecht wird – es muss ermöglichen, dass allein lebende ältere Menschen und Hilfebedürftige weiterhin selbstbestimmt und sicher im gewohnten häuslichen Umfeld leben können und sich Angehörige gleichzeitig weniger Sorgen um sie machen müssen.

Mit unserem IT-Wissen im Hintergrund wollten wir ein Produkt entwickeln, das eine Verbindung aus handelsüblicher Technik und innovativer IT schafft. Das Produkt sollte einfach in der Installation und Bedienung, unaufdringlich in der häuslichen Umgebung und günstig in der Anschaffung sein. Nach einer intensiven Planungs- und Entwicklungsphase, in die wir auch potenzielle Nutzer stark mit eingebunden haben, sind wir im Herbst 2015 am Markt gestartet. Das durchweg sehr positive Feedback lässt uns optimistisch in die Zukunft blicken.

Was hat euch bisher am meisten beeindruckt in Bezug auf eure Gründung?

Als Gründer findet man sein Produkt ja immer gut, und wenn man vernünftig geplant hat, schätzt man auch die Nachfrage realistisch ein. Trotzdem sind wir immer wieder baff, wenn wir feststellen, dass wir mit unserer Idee offenbar einen Nerv getroffen haben. Der Vertrieb an Endkunden über Sanitätshäuser bleibt eine wichtige Schiene, aber mittlerweile hat der B2B-Bereich noch größere Bedeutung für uns. Vor allem Wohnungsgesellschaften, die ihren älteren Mietern einen Mehrwert bieten und sie damit zum Einzug bewegen oder vom Umzug abhalten wollen, fragen sehr stark bei uns nach. Das gilt natürlich vornehmlich für Unternehmen, die in Wohnungsmärkten mit hohem Angebot und geringer Nachfrage vertreten sind, wie beispielsweise im ländlichen Kleinstadtbereich. Aber auch große Versicherungen interessieren sich und prüfen, wie sie Kunden durch casenio interessante Tarife anbieten können. Konkret gibt es Kooperationen mit der AOK und der Axa. Dass wir mit so „großen Namen“ zusammenarbeiten, hätten wir am Anfang nie gedacht – aber wir freuen uns natürlich sehr darüber.

Wie geht’s weiter mit casenio?

Wir entwickeln casenio ständig weiter. Neben unserem originären Produkt, dem intelligenten Hilfe- und Komfortsystem, entwickeln wir weitere Produkte, die darauf zielen, älteren Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben lange zu ermöglichen und die moderne Technik für sich zu nutzen. Der nächste Schritt in dieser Hinsicht ist die Entwicklung von casenio LIFE, einer App, die es Senioren ermöglichen wird, die Vorteile des Internets leichter für ihre Zwecke zu nutzen – zum Beispiel indem sie über casenio LIFE Lebensmittel bestellen, einen Friseurtermin vereinbaren, ein Taxi rufen oder Bilder und Texte mit Familienmitgliedern austauschen.

Was ist euer ultimativer Tipp für diejenigen die selber übers Gründen nachdenken?

Die meisten Gründer sind so von ihrer Idee überzeugt, dass sie übertrieben optimistisch an die Planung gehen – wir sind da keine Ausnahme. Aus der Erfahrung kann ich daher nur sagen: Macht eine konservative Zeit- und Finanzplanung – wenn es am Ende schneller und kostengünstiger geht, umso besser! Wir waren als IT-Dienstleister im Mittelstand zum Beispiel schnelle Reaktionszeiten gewohnt. Bei großen Unternehmen, wie beispielsweise Versicherungen oder Wohnungsgesellschaften, dauern Entscheidungsprozesse dagegen deutlich länger, mussten wir feststellen. Auch sind wir in der Produktion auf Dritte angewiesen – wenn sich in der Produktion etwas verzögert, wirkt sich das direkt auf uns aus. Und es ist ärgerlich, wenn man zunächst gesteckte Zeitziele immer weiter nach hinten verschieben muss und die veranschlagten Kosten immer weiter steigen. Daher: gleich zurückhaltend planen, das zahlt sich aus!

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Danke Tim für deine Zeit und Antworten.

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